Seit nun auch der Nahe Skilift vollautomatisiert werden soll, sieht sich die Bergbauern-Familie Holzer um die letzten zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten gebracht. Wer sein Auskommen in dieser Gegend nicht im Tourismus verdient, zieht so oder so den kürzeren. Nur: was haben Holzers schon zu bieten - was, ausser einem Pissoir ganz in ihrer Nähe, bei dem die talwärts fahrenden Touristen-Cars jeweils gezwungen sind, einen kürzeren Halt zu machen. Gerade diesen Halt jedoch könnte man ausnützen, wird es Holzers allmählich bewusst, um den reichen Touristen ein paar Franken abzuknöpfen; man könnte ihnen bei dieser Gelegenheit zeigen, wie man in den Bergen lebt, «wie es da ist. Weil es da noch ist, wie es ist.» Die technischen Voraussetzungen bieten keine Schwierigkeiten: Die Mechanik der Stubenvorhangzüge wird so abgeändert, dass die Vorhänge aufgezogen werden können, sobald ein Geldstück in der draussen aufgestellten Kasse klingelt und den staunenden Touristen so für einen kurzen Moment Einblick in den holzerschen Alltag gewährt werden kann. Mehr Probleme stellen sich schon auf einer ganz anderen Ebene: Was soll man sagen, wenn man sich eigentlich nichts zu sagen hat? Was soll man den glotzenden Touristen vorführen, wenn der holzersche Alltag an Abwechslung herzlich we ' zu bieten hat? Schon bald jedenfalls wird klar dass der Versuch sich selbst zu spielen im besten Falle lächerlich wirkt. Selbst, eine Ver.. sinn, in, der Holzers ein Konzentrat all ihrer Aktivitäten in fünf Minuten zum besten geben, wird von der Familie allmählich als das durchschaut, was sie ist: eine Verzerrung. ihres Bergbauernalltages.
Schon eher, tauglich für die Selbstdarstellung erscheint Holzers die Einübung eines Heimattheater-Stückes: unbeholfen spielen sie den Fünfminuten Dorfschwank, sobald sich der Vorhang öffnet, und provozieren dabei Situationen voller ungewollter Komik. Bei all der plötzlichen Beschäftigung, mit dem eigenen Alltag, der eigenen Rolle in der Familie, brechen alte Wunden auf: plötzlich wird klar, wie wenig auch in zwischenmenschlicher Hinsicht in dieser Familie läuft, wie starr die Rollen fixiert sind und wie wenig frei das einzelne Familienmitglied eigentlich ist, obwohl gerade diese urtümliche Freiheit den neugierigen Glotzern vorgeführt werden soll. An dieser Stelle des richtigen Bergbauernlebens ist nun das Bild der Bergbauernfamilie gerückt, das sich alle Welt von einer Schweizer Bergbauernfamilie macht. Der Erfolg scheint ihnen recht zu geben: Holzers bringen es zu, einem bescheidenen Einkommen, das den jungen erlaubt, endlich eigene berufliche Wege zu - gehen und den Alten die Möglichkeit gibt, gemeinsam einen Neuanfang zu suchen.
Markus Köbelis' «Holzers Peepshow» kann man wohl unter verschiedenen Aspekten auf, sich wirken lassen: als schlichte und an vielen stellen urkomische Komödie, als bitterböse Persiflage auf das Wolkstümelnde» als Versuch, sich mit dem Begriff «He - mat» und ihrem Verkauf auseinanderzusetzen, als Kritik auch am bisweilen verlogenen Tourismusbetrieb und denjenigen, die ihre Haut zu (Tourismus-)Markte tragen oder aber als Auseinandersetzung mit der Situation einer Familie, die es verlernt hat, miteinander zu reden. Wahrscheinlich ist es die Summe aller dieser Aspekte, welche dieses Stück einerseits so lustig, unterhaltsam und komisch, andererseits aber auch bitterböse und kritisch wirken lässt.